So viele Vokabeln sind genug: Altersgerechtes Lernen zwischen Anspruch und Überforderung

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Die meisten Kinder lernen Englisch als erste Fremdsprache und sind anfangs hochmotiviert. Doch schon bald stellt sich möglicherweise Lernfrust ein. Vokabeln merken sich schwerer als gedacht, die Anforderungen im Unterricht sind zu hoch oder das Lernen zu einseitig. Dabei ist es möglich, ein Kind zu fördern, ohne es zu überfordern und so den Lernspaß zu erhalten.

Alles, was beim Lernen wichtig ist

Kinder sind Erwachsenen in vielen Bereichen überlegen. So auch beim Lernen, denn sie merken sich viele Dinge deutlich leichter. Das gilt beispielsweise beim Sprachenlernen in Bezug auf die Fähigkeit, einzelne Laute voneinander zu unterscheiden. Erwachsene sind dabei im Nachteil, wie Forscher der Brown-University in Providence (USA) festgestellt haben. Ab der Pubertät hingegen können Jugendliche bewusster lernen und greifen auf erste Erfahrungen zurück. Als Erwachsene dann haben sie eine hohe Sprachkompetenz und können beim Erlernen einer Sprache ihre Lernerfahrungen nutzen. Dafür haben Erwachsene mehr Angst, Fehler zu machen und meiden neue Sprachen eher. Wie lernt es sich nun aber am besten?

Die wichtigsten Faktoren beim Lernen

Beim Sprachenlernen kommt es vor allem auf die Vokabeln an. Doch auch die Grammatik beispielsweise englischen Sprache muss beherrscht werden, was mit unterschiedlichen Hilfsmittel zu üben ist. So können Kinder mit dem Grammatiktrainer bestens auf den Englischunterricht vorbereitet sein, während Erwachsene vielleicht lieber einen englischen Kurzkrimi lesen, um Sprachzusammenhänge praktisch zu begreifen. Es gibt allerdings einige Faktoren, die beim Lernen einer Sprache altersunabhängig wichtig sind:

  • Motivation: Nicht die Lernzeit pro Tag oder Woche ist entscheidend für den Lernerfolg. Vielmehr ist es die Motivation, die unbedingt vorhanden sein muss. Nur wer weiß, was das Lernziel ist, kann entsprechende Lernstrategien für sich definieren. Dabei kann ein Ziel die gute Note im Englischunterricht sein, besser ist jedoch ein persönlicher Erfolg: Vielleicht steht demnächst ein Auslandsurlaub an oder es geht darum, sich mit dem ausländischen Nachbarskind verständigen zu können.
  • Konzentration: Die Konzentrationsfähigkeit lässt beim anstrengenden Vokabelpauken schnell nach. Es ist daher besser, in kürzeren Einheiten zu üben als einmal für 90 Minuten. Jeden Tag für 10 Minuten zu lernen ist daher weitaus sinnvoller.
  • Wortarten: Um sich unterhalten zu können, ist erst einmal ein Grundwortschatz nötig, wobei es sinnvoll ist, die Wörter nicht einzeln, sondern im Satzzusammenhang zu lernen. Sinnvolle Einheiten sind dabei ganze Sätze, Phrasen oder auch Redewendungen. Verben sollten zusammen mit Präpositionen geübt werden, Substantive gemeinsam mit typischen Verbverbindungen.
  • Kontext: Experten raten mittlerweile vom sturen Auswendigpauken der Vokabeln ab. Das Lernen im Kontext ist wichtig: Wo werden die Wörter üblicherweise gebraucht und in welcher Form? Gleichzeitig können die zu erlernenden Wörter in einen sinnvollen Kontext gebracht und mit Gesten und Bildern verbunden werden. Auch in kurzen Filmen können die Wörter leichter verstanden werden.
  • Bewegung: Wer sich Wörter leichter merken möchte, bringt diese mit Bewegungen in Verbindung, die selbst ausgeführt werden. Gesten fördern die Erinnerung an Wörter, diese merken sich damit leichter und können auch einfacher wieder abgerufen werden.

Verschiedene Lernformen sind möglich

Viele Eltern fragen sich, wie das Sprachenlernen gelingt und wie sie ihre Kinder fördern können. Doch auch Erwachsene möchten verständlicherweise die für sie beste Lernform finden, um eine Fremdsprache sicher anwenden zu können. Eine Möglichkeit dafür besteht in der Nutzung von Lernapps, die mit einer hohen Wiederholungsrate dafür sorgen, dass die Vokabeln im Gedächtnis verankert werden. Apps sind vor allem für Lernanfänger und für unterwegs gut geeignet, kombinieren Text, Bild und Ton. Sie regen damit verschiedene Bereiche im Gehirn an. Außerdem ist es möglich, sich als Lernender immer wieder an die anstehenden Einheiten erinnern zu lassen. Eine Kombination aus der Lernapp und weiteren Lernformen ist sinnvoll.

Auch das Lernen mit einem Partner ist hilfreich. So können schon Kinder kleine Dialoge einüben und mit einem anderen Kind üben. Die dabei geübten Satzzusammenhänge können auch in anderem Kontext verwendet werden. Sehr praktisch ist es, wenn Geschwister zusammen lernen, denn sie stacheln sich oft gegenseitig zu Höchstleistungen an. Doch natürlich ist es auch mit Freunden oder später mit dem Partner oder der Partnerin möglich, eine neue Sprache zu erlernen.

So viele Vokabeln sind pro Woche genug

Häufig scheint es, als käme es allein auf die Masse an Wörtern an, die bei einer Fremdsprache erlernt werden. Das ist jedoch nicht richtig, denn es ist vorrangig wichtig, welche Vokabeln auf dem Lernplan stehen und welchen Bezug diese für den Alltag haben. Werden Wörter erlernt, die auch tatsächlich praktisch angewendet werden können, merken sich diese viel leichter als abstrakte Bezeichnungen von Gegenständen, zu denen kein persönlicher Bezug besteht. Es gibt dennoch Empfehlungen für eine gewisse Anzahl an Wörtern, die insgesamt und pro Woche erlernt werden sollten.

Anzahl nötiger Wörter

Wie viele Wörter genau benötigt werden, hängt davon ab, wie die Sprache eingesetzt werden soll. Geht es um die berufliche Nutzung oder darum, einen Urlaub sprachlich gestalten zu können? Sprachexperten gehen von diesen Wortmengen aus:

  • 800 bis 2000 Vokabeln zur Grundverständigung (Einkaufen, einfache Gespräche)
  • 3000 bis 5000 Vokabeln für flüssiges Sprechen über komplexe Themen

Hinzu kommt eventuell Fachvokabular, falls Erwachsene die jeweilige Sprache für Studium oder Beruf erlernen. Kinder kommen mit dem Alltagswortschatz gut aus.

Empfehlungen zur täglichen Vokabelanzahl

Spannend: Das Sprachenlernen verändert das Gehirn im Sinne einer Verbesserung kognitiver Fähigkeiten und der Möglichkeit, komplexere Sachverhalte zu verarbeiten. Das bedeutet auch, dass diejenigen, die sich intensiv mit einer Sprache befassen und regelmäßig üben, immer besser in der Lage sind, sich neue Wörter zu merken. Wichtig ist jedoch, die Sprache nicht nur für sich zu lernen, sondern sie wirklich zu sprechen. Auch das gegenseitige Abfragen von Vokabellisten gehört dazu, wenngleich diese Lernform längst überholt ist. Doch sie kann zum Wiederholen eingesetzt werden, wodurch die Rate des behaltenen Lernstoffs steigt. Laut der Experten der Universität Hamburg sollten Vokabeln zwischen sieben und zehn Mal wiederholt werden, damit sie im Gedächtnis haften bleiben.

Wichtig ist, dass jeder seine individuellen Lernfähigkeiten kennt und weiß, wie lang die Konzentrationsspanne ist. Außerdem sollte täglich eine überschaubare Anzahl an Vokabeln geübt werden. Als Faustregel gilt, dass pro Tag nicht mehr als zehn neue Wörter geübt werden sollten, was im Jahr bereits über 3600 macht! Der Grundwortschatz ist damit binnen eines Jahres erreicht.

Tipp 1: Den Start macht eine Liste mit den 100 wichtigsten Wörtern.

Tipp 2: Danach werden die Wörter geübt, die für das persönliche Ziel relevant sind.

Tipp 3: Beim Lernen mit Kindern immer einen Alltagsbezug herstellen und Wörter mit Bildern verknüpfen.

Stress, lass nach: Lernen darf nicht überfordern

Werden Kinder (und auch Erwachsene) beim Lernen überfordert, kann es zu psychischen und sogar physischen Auswirkungen kommen. Viele Kinder reagieren mit Kopfschmerzen und Bauchweh ohne medizinischen Grund auf zu hohe Anforderungen. Auch Versagensängste, Lustlosigkeit, fehlende Antriebskraft bis hin zur Schulverweigerung können Folgen der Überforderung sein. Gerade beim Sprachenlernen stellt sich zudem das Problem, dass die betreffende Sprache negativ konnotiert wird. Stehen Schüler der Fremdsprache aber nicht wohlwollend gegenüber, kommt es zu einer inneren Ablehnung, die in einer Lernverweigerungshaltung münden kann. Sogar ein sozialer Rückzug und Depressionen können die Folge sein.

Ursachen für Stress beim Sprachenlernen

Angst ist der wichtigste Faktor, der zu Stressempfindungen beim Sprachenlernen führt. Angst vor Fehlern und vor dem Druck, möglichst schnell Fortschritte erzielen zu müssen, behindern den Lernerfolg. Teils sind auch die Ziele zu hoch gesteckt, die Anforderungen viel zu groß. Bei Sprachen mit einer komplizierten Grammatik stellt diese ein zusätzliches Stresspotenzial dar.

So lässt sich Stress beim Lernen reduzieren

Schüler sollten akzeptieren, dass es zu Fehlern kommen kann – das gilt auch für die Eltern. Realistische Ziele ohne hohe Erwartungen sind besser als Überforderung! So bleibt der Lernspaß erhalten:

  • Finden einer eigenen Lernstrategie
  • Lernen mit einem Partner
  • Lernen in kleinen Einheiten
  • Einsetzen eigener Stärken zum leichteren Lernen

Bei Schwierigkeiten sollte die nötige Unterstützung vorhanden sein. Außerdem ist ein Ausgleich zu den Lerneinheiten wichtig: Ausreichend Pausen reduzieren das Stressempfinden und bringen neue Lernenergie.

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